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Nitro? PUR? ... ja, aber bitte nur hauchdünn!?

September 2011

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Wenn der Baum geschlagen und in Bretter aufgetrennt ist, besteht Holz nur noch aus seinem Zellgefüge, den eingelagerten Stoffen wie Mineralien und Harze, sowie freiem und gebundenem Wasser.
Verdunstet das freie Wasser aus den Zellräumen und das gebundene aus den Zellwänden, gilt es den Werkstoff gegen Umwelteinflüsse, Insekten, Pilze und Bakterien zu schützen.
Es braucht aber dann keine „Nahrung“. Da „atmet“ auch nichts, und wird weder von Ölen, Lacken, oder gar Pflegemitteln dabei unterstützt oder gehindert.

Eine Lackierung soll das Holz des Instruments gegen Feuchtigkeit und Schmutz schützen, und – die natürliche Schönheit des Holzes hervorheben. Als noch mit Schellack poliert wurde, hat man, um das Holz zu grundieren, das Möbel mit Leinöl „eingelassen“ und man sprach vom „Anfeuern“ der Fläche. War das Öl nach 6-8 Wochen getrocknet begann der Lackierprozess. Sage heute mal einem Kunden, er solle zwei Monate mehr auf sein Instrument warten.

In den 1920ern wurden die neuen Nitrolacke von DuPont in den USA für die Autoindustrie entwickelt und auch die Möbelbranche bediente sich ihrer.

Seit den 30er Jahren waren die Instrumente der meisten Hersteller mit dem leichter zu verarbeitenden Nitrolack behandelt und Schellack wurde nur noch von kleinen Werkstätten verwendet.
Eine gute Schellackoberfläche ist in der Herstellung sehr arbeitsaufwendig. Die optische Wirkung und Betonung der Schönheit des Holzes jedoch ist atemberaubend. Wer schon einmal das Glück hatte ein Instrument oder Möbel mit dem warmen Glanz des dünnen Überzugs in Händen zu haben, weiß, wovon ich rede, wenn, ja wenn dieser Lack nicht sooooo empfindlich wäre.

Bei akustischen Gitarren ist eine möglichst dünne Lackschicht von Vorteil, denn da schwingt eine ca. 2,5 mm (am Rand auch unter 2 mm) dicke Membran aus Fichte oder Zeder und diese sollte so wenig wie möglich am Schwingen gehindert werden. Boden und Zargen dienen in erster Linie der Reflexion der, in Schwingung gesetzten Luftsäule.

Aber meiner Meinung nach ist der Unterschied zwischen den Lackarten, egal ob Nitro- oder DD(PUR)-Lack nur mini-minimalst - wenn er überhaupt hörbar ist!
Aber: Immer vorausgesetzt, er wurde dünn auf der Decke aufgetragen und nicht nach dem ostasiatischen „tauch mich“ - Verfahren „beschichtet“.
Auch werde ich wahrscheinlich nie die Gelegenheit haben ein und dieselbe Gitarre, einmal mit Nitro- und einmal mit PUR-Lackierung hören. Und selbst, wenn man zwei Gitarren versucht so identisch wie nur möglich zu bauen, wird unser Werkstoff Holz in Nuancen anders klingen und einen Hörtest verfälschen.
Vom „akustischen“ Standpunkt betrachtet ist die dünne Schellack-Lackierung der Decke und die Nitro- oder PUR-Lackoberfläche von Boden, Zargen und Hals eine sehr gute Lösung, aber der Schweiß unseres Unterarms ist das Lösungsmittel für den schönen Glanz der Decke.

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